Manchmal wünschte ich mein Zimmer
bestünde nicht aus Möbeln, anderen Utensilien, Bildern und tausend
Erinnerungen, sondern wäre ein leerer Spiegelsaal.
Ich könnte tanzen und mir selbst
zusehen, wie ich mich verändere, entwickele, welche Haltung ich
gerade annehme.
Ich könnte tanzen was mein Herz spürt
und ausdrücken möchte, ohne, dass mich ein Möbelstück zu Fall
bringt, endlose Drehungen machen, bis ich vor Schwindel auf den
harten Boden sinken würde.
Ich könnte tanzen und niemand könnte
mich unbemerkt beobachten. Spiegel sehen alles.
Menschen würden mich besuchen und wir
könnten uns von allen Seiten betrachten. Könnten uns zusehen, wie
unser Gegenüber sich verhält. Auch die Geste im Spiegel gegen über,
die sonst hinterm Rücken blieb, sehen.
Wie ehrlich sind Spiegel
eigentlich?
Ich würde Menschen zum Tanzen bringen,
weil mein Zimmer sonst nichts bieten würde. Mit ihnen durch das
Zimmer schweben; wir wären frei.
Manchmal wünschte ich, mein Zimmer
hätte einen Holzfußboden, in allen Ecken stünden Boxen und an den
Wänden Instrumente, ein großer Eichenschrank mit Notenbüchern
neben der Tür.
Ich würde Tag und Nacht musizieren.
Auf dem vom Schall geschaukelten Holzdielen einschlafen, um von
fliegenden Noten zu träumen.
Tagsüber besuchten mich Freunde und
wir musizierten miteinander.
Ich könnte immer, wann ich wollte,
durch Musik ausdrücken, was ich fühle. Lieder dichten, singen von
anderen Zeiten, anderen Welten und von Freiheit.
Ich könnte Menschen aus ihrem Alltag
holen und ihnen ein Stück Freiheit, ein Stück „anders sein“,
ein Stück „sich selbst“ schenken.
Wie viel Freiheit schenkt Musik
wirklich, oder nimmt sie gefangen?
Manchmal wünschte ich mein Zimmer
bestünde aus Meterlangen Papierbahnen. Mit oder ohne Linien. Ein
Wandschrank, nie voll auszuschöpfen an Bildern und Ideengebern.
Ich könnte malen und schreiben so viel
ich wollte. Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Menschen, die mir lange
nicht mehr begegnet waren endlich in Ruhe zu Papier bringen. Bunte,
kindliche Bilder von längst vergessenen Träumen neu malen.
Geliebten Menschen würde ich den
Pinsel erneut in die Hand drücken.
Kinder kämen um ihre Hände und Füße
zu verewigen. Illegale Sprayer dürften sich austoben, Kunststudenten
fänden Ruhe.
Ich könnte stundenlang schreiben und
keiner würde mich stören. Ich würde mir ein Bild aus dem
Wandschrank ziehen und eine Geschichte dichten, wann immer mir nichts
mehr einfiele. Kindern würde ich beim erzählen zuhören und ihre
Geschichten in ein dickes, weißes Buch aufschreiben.
Sehr alte Frauen kämen, um ihre
Lebensgeschichte ein letztes Mal weißen Wänden anzuvertrauen.
Tanz, Musik, Bilder und Texte. All dies
lässt sich verbinden.
Ich könnte alles aufzeichnen, was mir
in den Sinn käme, ohne die Angst es sei nicht gut genug.
Frei.
DU tanzt nicht gut genug? DEINE
musikalischen Fähigkeiten reichen nicht aus? Zum Zeichnen fehlt DIR
das Talent? Und schreiben? Ach nein, DU bist nicht kreativ genug?
Schenke dir diese Freiheit! Tu es.
Nora.
P.S: Wenn Musik dir hilft höre doch
mal „Ludovico Einaudi“ und übe deine Kunst aus ohne dabei zu
viel zu denken. ;)
P.P.S: Ich bin froh, dass mein Zimmer
nicht so aussieht, oder all dies ein Stück weit verbindet.
Erinnerungen sind ebenso kostbar und machen das Leben bunt.